Der Besuch eines archäologischen Kolloquiums hinterlässt bei mir für gewöhnlich nur einen geringen Eindruck; zumal eines eineinhalbtägigen Zusammentreffens. Auch das Thema klang einigermaßen „konstruiert“. Aber: Diesmal kam alles anders und es blieb einiges hängen…
von Ada Brons
Man legt sein bestes Abendkleid an. Windet das Kopfhaar zum Dutt ohne Elfenbeinnadel. Das Parfüm tut das übrige, vielleicht ein Lavendelwasser? Gediegen die Räume, am Empfang eine adrette Studentin, das Catering rettet den Tag, Hochglanzprospekte NICHT zu archäologischen Themen, macht nichts, sie riechen trotzdem gut! Ich befinde mich im einstigen Amerika Haus in der Fritz Thyssen Stiftung im Schatten von St. Aposteln nur ganz knapp extra muros – römisch!
Ein paar bekannte Gesichter, aber doch überraschend wenige – gut, Donnerstag nachmittag und Freitag vormittag. Dafür muss sich der eine oder die andere schon freischaufeln…
Konstruktion von Gedächtnis
„Die Konstruktion von Gedächtnis – Zu einer Standortbestimmung von Archäologie in der Stadt“ so heisst das öffentliche Kolloquium in der Thyssen Stiftung, an dem ich teilnehme. Überraschend: Die Gastgeber – der Arbeitskreis Bodendenkmäler – haben Referenten eingeladen, von denen mir zwei besonders im Gedächtnis haften geblieben sind: Norbert Nussbaum, Professor für Architekturgeschichte am Kunsthistorischen Institut der Uni Köln, und Manfred Eggert, Professor der Abteilung für Jüngere Urgeschichte und Frühgeschichte am Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters in Tübingen.
Fragen eines advocatus diaboli
„Vergegenwärtigung als Dispositiv archäologischer Kulturpraxis“ – schon der Titel Norbert Nussbaums wirklich erfrischenden Vortrags verlangt den Zuhörern einiges – zu viel? – ab. Er provoziert schon allein mit einer Überlegung: Wie beeinflusst, ja manipuliert geradezu die – nostalgische – Vergegenwärtigung des geschichtlich bereits Überholten denkmalpflegerische Konzepte und Arbeiten?
In eine ähnliche Richtung ging Manfred Eggerts zitatreicher Vortrag „Die Vergangenheit und ihre Denkmäler – Über das historische Bewusstsein“. Nur ging er einen Schritt weiter. Er konfrontierte auch die anwesenden Granden mit vier „aufreizenden“ Fragen eines advocatus diaboli, wie er es formulierte:
- Gibt es in der Arch. Denkmalpflege eine Auseinandersetzung mit den historisch-theoretischen Themen der Kulur- und Sozialwissenschaften?
- Wird die Thematik der Geschichtsbilder diskutiert? (Geschichtsmärkte, Histotainment, Eventisierung, Living History)
- Werden Entwicklung und Stand des Heritage-Diskurses außerhalb von Bewerbungen um das Siegel ‚UNESCO-Weltkulturerbe‘ reflektiert?
- Gibt es quantitative Erhebungen zur Thematik ‚Öffentlichkeit und Kulturerbe‘?
Gedächtnis und Antworten
Diese vier Fragen waren es, die mir im Gedächtnis blieben. Da ich mein Gedächtnis – und das der anderen Teilnehmer – nicht überschätze, waren sie es auch, die mich zu diesem Blogstück inspiriert haben. Und: Diese Fragen verdienen es, gehört zu werden! Wir sollten nicht allzu verlegen sein um Antworten, auch wenn sie ein wenig unbequem – vor allem für die „Leitwölfe“ – sein könnten.