Griechenland – Mochlos im Frühling (2/5)

Wie das griechische Eiland Mochlos in der östlichen Mirabello-Bucht von Kreta überraschende Aus- und Einsichten auf und in eine gar nicht so fremde Kultur eröffnete. Und: Was Amerikaner und andere Nicht-Kreter an der alten Inselkultur so fasziniert und was das für die Kreter bedeutet.

von Max Delius

Griechenland

Saal XX des Museums mit der späthellenistischen bronzenen Grabstatue eines trauernden Jünglings aus Ierapetra (1. Jh. v. Chr.)

…also ein kleiner Kaffee Frappé mit Chalvás und schon kann es los gehen in den Westen nach Herakleion ins Archäologische Museum

Mein Erwartungen waren recht groß, denn der eher schmucklose Museumsbau selbst, der im Mai 2014 wiedereröffnet wurde, war zunächst einmal ernüchternd. Aber – und das bleibt zu beachten – der erdbebensichere Bau galt lange Zeit als auch international relevantestes Zeugnis der „New Architecture“ Griechenlands der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Ein Blick in das Museum

Der Museumsbau geht auf einen 1933 entstandenen Entwurf des Architekten Pathos Karantinos (1903-1976) zurück. Er wurde von 1937 bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fertiggestellt und 1951/1952 wiedereröffnet. Die beindruckenden Funde verteilen sich über etwa 20 Säle auf zwei Etagen; von den Geschichten hinter den Funden findet man allerdings nur wenig: Didaktisch ist das von Nota Dimopoulou-Rethemiotaki geleitete Museum eher als „schlicht“ zu beschreiben. Was für ein Kontrast zu den Fundstücken! Darunter befinden sich auch und endlich die berühmten goldenen Olivenblätter aus den vorpalastzeitlichen Gräbern von Mochlos (2500-2300 v. Chr.).

Griechenland

Pithos im früharchaischen Stil (c. 7. Jh. v. Chr.) in Saal XII des Museums in Herakleion

Überhaupt ergibt sich hier ein extrem heterogenes Bild: ein sichtlich erodierter Museumsbau, fantastische Fundstücke, eine nicht wirklich transparente und originelle Didaktik, eine schwache Internetseite und – ein toller Museumskatalog, allerdings aus dem Jahre 2005 und kaum in Papier erhältlich, aber dafür als E-Book abrufbar. Autorin des von der John S. Latsis Public Benefit Foundation herausgegebenen Bandes ist die Museumsleiterin. Finanziert wurde er übrigens von der EFG Eurobank Ergasias S.A., einer Bank des Unternehmers Spiro Latsis, der als einer der größten Profiteure des Euro-Rettungsschirmes gilt.

Cafe im Chriazomenos

Die schier überwältigende Schönheit insbesondere der ausgestellten Fresken von Knossos, aber auch die Unergründlichkeit des sogenannten „Diskos von Phaistos“ und die Milliarden des Ehrendoktors Latsis sind es, die mir noch lange nachhängen…die mittägliche Hitze wirkt jetzt ohne den kalten, musealen Marmor und wir entscheiden uns, in Richtung Knossos zu fahren, mit nur einem Ziel: Chriazomenos.

Griechenland

Bronzebüste von Sir Arthur John Evans (1851-1941) in Knossos. Der Modellierte wohnte der Enthüllung der Büste 1935 – dem letzten Jahr seiner Ausgrabungen in Knossos – wohl bei.

Meine Gedanken schweifen ab: zur Luftlandeschlacht vom 20. Mai bis 1. Juni 1941 und der Besetzung Kretas durch Deutsche und Italiener, zu den Erschießungen von Kondomari und ganz gewiss auch zu Plünderungen archäologischer Stätten in Griechenland und eben auch auf Kreta in dieser Zeit. Wehe – oder besser wohl! – dem, der hier eine Revision der Museumsbestände in Deutschland auf korrekte Herkunftsnachweise von Funden aus Griechenland ins Rollen brächte. Aus dieser Ecke hört man freilich derzeit nichts; sie halten die Füße still…Was man sich vorstellen kann und wissen sollte, ist bei Alexandra Krankeleit nachzulesen.

Passend zu den Wolken auf der Stirn zieht ein mächtiges Gewitter auf – der Atem des schlafenden Zeus im Schatten des Jouchtas-Berges. Wir sitzen unter dem Regen in der kleinen Taverne Chriazomenos direkt an einem imposanten Aquädukt aus dem 19. Jahrhundert, das hier den Silamos-Bach am Weg von Iraklion nach Archanes quert. Zum Nachtisch gibt es baklawas und Rotwein. Die Dohlen haben sich in ihre Nistlöcher im alten Wasserbau zurückgezogen, der in den 1830er Jahren von Sultan Mehmed Ali erbaut wurde; sie sind die neuen Wächter der nahegelegenen Steinbrüche von Knossos. Wer denkt da nicht an Aesops Fabel von den – betrügerischen – Dohlen und den Pfauen?

 

Griechenland

Das Aquädukt bei Chriazomenos (19. Jh.)

Doch dazu vielleicht und ganz sicher mehr im kommenden dritten Teil meiner kleinen Kreta-Serie!

• Griechenland – Mochlos im Frühling Teil 1

 

 

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