Im Osten der tunesischen Insel Djerba liegt die antike Stadt Meninx. Sie ist ein erschreckendes Beispiel für eine Vielzahl archäologischer Fundstellen der Insel, die schutzlos der Erosion und der Plünderung durch Raubgräber ausgesetzt sind. Dabei ist sie schon mehrmals in den Fokus von europäischen Archäologen oder UNESCO geraten.
von Onno Quist
Immerhin findet sich die gesamte Insel Djerba seit 2012 auf der UNESCO-Tentativliste Tunesiens, der nationalen Vorschlagsliste von Kultur- und Naturdenkmälern der einzelnen Vertragsstaaten der Welterbekonvention für die UNESCO-Liste des Welterbes. Auch der Stellenwert von Meninx wird hierin herausgehoben:
„…Djerba a gardé de ce riche passé un patrimoine archéologique, historique et immatériel d’une grande variété : le mausolée numide de Henchir Bourgou, le vaste site archéologique de l’opulente ville antique de Meninx…un habitat dispersé typique illustrant une grande capacité d’adaptation de l’homme à son milieu naturel et une occupation du sol original.
Stadt des Purpurs
Meninx, gr. Μῆνιγξ. Zunächst galt der griechische Name für die Bezeichnung der gesamten Insel Djerba, nach Ptolemäus die “Insel der Lotosesser”. Die Bedeutung der gleichnamigen Hafenstadt lag nicht zuletzt darin, dass in ihr seit hellenistischer Zeit das begehrte Purpur produziert wurde, ein aus Purpurschnecken gewonnener Farbstoff. Ansonsten ist über die Stadtentwicklung wenig bekannt. Nach allem war sie bereits im 3. Jahrhundert v. Chr. ein Ort mit zentralörtlichen Funktionen und erlebte in der Kaiserzeit ihre Blüte als römischer Hauptort der Insel Djerba.
The road to Hell is paved with good intentions
Erste archäologische “Gehversuche” unternahmen vor allem der französische Leutnant R. Gilbert vom 1. Mai bis 8. Juni 1882 und Paul-Marie Duval im Jahre 1942. Die Arbeiten R. Gilberts führten Anfang des 20. Jahrhunderts zur Entdeckung mehrere Mosaiksegmente, die zuletzt 1978 von Michèle Blanchard vorgestellt wurden.
Sicher konnte man von ihnen noch nicht erwarten, ihre Arbeiten auch unter konservatorischen Aspekten zu planen. Dann schon eher von den Protagonisten eines von 1996 bis 2000 laufenden Survey-Projektes. Beteiligte: Renata Holod (History of Art Department; Curator, Near Eastern Section, University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology), Elizabeth Fentress (Professorin an der American Academy in Rome) und Ali Drine (Institut National du Patrimoine, Tunesien).
Zwar identifizierten sie nicht weniger als 445 Fundstellen vom 5. Jahrhundert v. Chr. bis in das frühe 19. Jahrhundert und erarbeiteten damit eine wertvolle denkmalpflegerische Grundlage. Aber sie leiteten davon augenscheinlich – die letzte Veröffentlichung stammt von 2009 – keine Schutz- und Konservierungsmaßnahmen ab.
Eigentlich sollten nun mindestens heute Genehmigungen für archäologische Untersuchungen an die Verpflichtung zur begleitenden und nachträglichen Durchführung konservatorischer Maßnahmen gebunden sein. Aber – und das verwundert sehr – selbst in einem aktuellen DFG-Förderantrag von Stefan Ritter vom Institut für Klassische Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München für das Projekt “Die urbane Struktur des antiken Meninx (Djerba)” findet sich hierzu kein Verweis bzw. Bekenntnis.
Zerstörung von Meninx
All diese Versäumnisse lassen sich am Zustand von Meninx deutlich ablesen. Dass die archäologischen Zeugnisse nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche zutage treten, macht sie extrem anfällig für alle Arten der Zerstörung.
Folgende Beobachtungen zum Zustand der antiken Hafenstadt möchte ich im folgenden auflisten:
- Es existieren keine Schutzvorrichtungen wie Zaunanlagen usw.
- Es gibt keine Überwachung durch Ordnungsbehörden
- Besucher und Touristen können ungehindert auch sensible Areale begehen, werden hierzu sogar durch Tourismusunternehmen aufgefordert
- Meninx ist akut durch marine und äolische Erosion gefährdet
- An mehreren Stellen sind Spuren von Raubgräbern zu beobachten
- Bauvorhaben beeinträchtigen die Fundstelle
Die antike Hafenstadt Meninx ist durch die oben genannten Faktoren stark gefährdet. Ein Gefährdungs- und Sicherheitskonzept ist hier dringend erforderlich. Wichtig ist zudem, dass zukünftig insbesondere die westlichen Institutionen zum einen ihre Verantwortung für die Fundstellen über ihre Ausgrabungen und Forschungen hinaus erkennen, und zum anderen dementsprechend Einfluss auf die tunesischen Behörden ausüben.
Hinweise:
Lage von Meninx auf der Insel Djerba.
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